Veranstaltung zum Thema Vererben, aber richtig!

event05.05.2024

Erben und Vererben, aber richtig!

 

Veranstaltung des Bürgervereins Borgfeld mit Notar Hans Claussen

 

Muss ein Testament notariell beurkundet werden? „Nein“, lautete die klare Antwort des Bremer Notars Hans Claussen, der im Rahmen einer Informationsveranstaltung des Bürgervereins Borgfeld rund 60 Interessierte über Fragen rund um das Vererben, Vorsorgevollmachten und Patientenverfügungen informierte. Lediglich die Formvorschriften müssten beachtet werden, sprich das Testament handschriftlich verfasst und mit Ort, Datum und Unterschrift versehen sein. Allerdings: „Rund 50 Prozent aller handschriftlichen Testamente sind unwirksam“, warnte Claussen. Häufiger Grund: uneindeutige oder widersprüchliche Verfügungen. Der Erblasser habe dann am falschen Ende gespart, der Erbe würde nicht selten leer ausgehen. Ein weiteres Problem: „Testamente können im Erbfall Füße bekommen.“ Es sei schon vorgekommen, dass darin nicht berücksichtigte Nachkommen das Testament einfach verschwinden ließen. Das könne bei einem notariellen Testament, das beim Amtsgericht hinterlegt und beim Notar verwahrt wird, nicht passieren.

 

„Grundsätzlich besteht Testierfreiheit“, sagte Claussen. Doch nicht selten stecke der Teufel im Detail. So hätten Kinder und Ehepartner und unter Umständen auch Eltern einen Pflichtteilsanspruch in Höhe der Hälfte des gesetzlichen Erbteils. Nur wenn die Angehörigen dem Erblasser nach dem Leben trachten oder ihn schwer körperlich verletzen würden, könne dieser Pflichtteil entzogen werden. Obacht sei auch beim sog. „Berliner Testament“ geboten, bei denen sich die Ehepartner gegenseitig als Alleinerben einsetzen und erst nach deren Tod die Kinder Schlusserben seien. Bei mehreren Erbfolgen kurz aufeinander lauere nicht nur eine Steuerfalle, weil jeder Erbvorgang der Erbschaftssteuerpflicht unterliege. Kinder könnten auch bei einem Berliner Testament ihren Pflichtteil vom überlebenden Ehegatten verlangen. Und aufgepasst: wenn das Berliner Testament keine Öffnungsklauseln enthalte, könne der überlebende Ehegatte dies nicht mehr ändern.  „Das kann böse Folgen haben, etwa wenn sich ein Kind als erbunwürdig erweist“, warnte der Notar. Über vorweggenommene Schenkungen, Pflichtteilserschwernisklauseln in Testamenten oder die Übertragung von Immobilien zu Lebzeiten habe der Erblasser viele rechtliche Gestaltungsmöglichkeiten. 

 

„Wie kommen Erben an den Nachlass, wenn es kein Testament gibt“, wollte ein Besucher wissen. „Sie können beim Amtsgericht einen Erbschein beantragen“, sagte Hans Claussen. Besser sei aber ein eindeutiges Testament, das die Beantragung eines Erbscheins entbehrlich mache. Ob eine Erbschaft auch verjähren könne, war eine weitere Frage aus dem Publikum. Gedehntes Ja des Borgfelder Juristen: Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüche würden nach drei Jahren ab Kenntnis des Erbfalls verjähren. „Wer allerdings einen Sack voll Schulden geerbt hatte, sollte zügig handeln“, riet der Notar. Denn der Erbe habe nur sechs Wochen Zeit, das Erbe auszuschlagen.

 

Wie man sich zu Lebzeiten absichern kann, erklärte Hans Claussen im zweiten Teil seines Vortrags. „Denken Sie nicht, dass Ihr Ehegatte vollumfänglich Auskunft bekommt, wenn Sie im Krankenhaus im Koma liegen“, sagte der Jurist. Auch Entscheidungen über das Abschalten von Geräten bei Todkranken könnten die Angehörigen nicht einfach verfügen. Im Zweifel werde bei Gericht eine rechtliche Betreuung bestellt, die mit den persönlichen Verhältnissen der Betroffenen gar nicht vertraut sei. „Da gibt es ganz bittere Geschichten“, weiß der Notar aus Erfahrung. „Mit einer Vorsorgevollmacht können Sie vertraute Personen bevollmächtigen, Entscheidungen für Sie zu treffen, wenn Sie dazu nicht mehr in der Lage sind, bspw. in bestimmte ärztliche Behandlungen einwilligen.“ Generalvollmachten ermächtigen darüber hinaus zum Abschluss von Rechtsgeschäften. Eine notarielle Erstellung sei zwar nicht erforderlich, aber hilfreich. Denn durch die juristische Beratung könne verhindert werden, dass die Vollmachten praktisch ins Leere liefen, weil sie nicht hinreichend konkret seien. Auch Grundstücksgeschäfte könnten vom Vollmachtnehmer ohne eine notarielle Beurkundung nicht getätigt werden. Mit fatalen Folgen: „Denken Sie nur daran, dass das Haus von Oma verkauft werden muss, um die Pflegeheimkosten zu bezahlen“, warnte Claussen. Notarielle Vorsorgevollmachten würden bei der Bundesnotarkammer registriert, Mandanten würden eine blaue Karte von ihrem Notar bekommen, über die die Vollmachten im Bedarfsfall schnell zu finden sein. 

 

Wer dann auch noch eine Patientenverfügung mache, sei gut abgesichert. „Darin können Sie für die Ärzte verbindlich festlegen, was mit Ihnen geschieht, wenn Sie handlungsunfähig sind.“ Da gehe es dann um Organentnahmen, künstliche Beatmung, Unterbringung und viele andere Sachen, an die man jetzt noch gar nicht denken möge. Wichtig aber: „Beschreiben Sie darin so konkret wie möglich, in welcher Situation sie gelten soll. Geben Sie Anweisungen an Bevollmächtigte.“ Was aber, wenn die Ärzte sich daran nicht hielten, wollte ein Zuschauer wissen. Wenn der Weg über die Klinikleitung nicht helfe, bleibe der Weg über eine Strafanzeige gegen die behandelnden Ärzte wegen Körperverletzung, so Claussen. Das sei aber nur das letzte Mittel. Eine notariell beglaubigte Patientenverfügung verleihe dieser größeren Respekt und verhindere zugleich eine nachträgliche eigenmächtige Abänderung.

 

Der Mähr, dass notarielle Testamente, Vollmachten und Patientenverfügungen viel Geld kosten würden, konnte Hans Claussen abschließend die Gebührentabelle entgegenhalten: „Je nach Vermögenswert liegen Sie da bei einigen hundert bis einigen Tausend Euro, bei sehr großen Vermögen auch darüber.“